Von Buxtehude nach New York – Isabel Monsees lebt genau diesen Model-Traum und hat die Karrierebremse der vergangenen zwei Jahre mit abgesagten Shows gut weggesteckt. «Ich nenne sie unser Corona-Baby», sagt Chris Riechmann von der Hamburger Agentur Spin Model Management, «weil Isi mit Beginn der Pandemie angefangen hat.»
Exklusiv wurde sie im Frühjahr 2020 von der Luxusmarke Prada für die Fashion Week in Mailand gebucht, danach war monatelanges Warten angesagt. «Das war der große Knall mit Prada», sagt die 22-Jährige.
Die italienische Vogue musste dann wegen der Reisebeschränkungen ein Foto-Shooting mit ihr absagen, stattdessen wurde die Norddeutsche für das Heft gezeichnet. Inzwischen hat sie sich ein Image aufgebaut und wird von Marken wie Valentino, Burberry oder Hermès gebucht.
«Ich nenne es ein goldenes Ticket um die Welt», sagt Riechmann, der für die Fragen und Sorgen der immer Alleinreisenden stets erreichbar ist. «Isi ist aber sehr gut strukturiert, bucht sich ihre Taxis am Flughafen alle selbst», erzählt er. Auch das Abitur wollte sie in der Tasche haben, bevor der Traumjob losging. Geduld und Selbstständigkeit scheinen Haupteigenschaften zu sein, die den jungen Frauen in der rauen Modewelt helfen. Denn vor den berühmten Fashion-Weeks gibt es in der Regel noch keine festen Verträge.
Der Flug nach New York wird selbst bezahlt, dann geht das Casting der Modefirmen los. Und auch das Warten. «Alles hat sehr viel mit Glück zu tun. Man darf nicht anfangen an sich zu zweifeln, sonst wird man traurig», sagt Isabel Monsees. Legendär ist das Anwerben von Dolce&Gabbana, bei dem sich die Models bis auf die Unterwäsche nackt vorstellen müssen. Man gewöhne sich daran – der Vorteil sei, dass die erfahrenen Fachleute die Maße mit ihrem Blick immer richtig einschätzten und die neuen Kleidungsstücke fast immer passten.
Ohne Nagellack, falsche Wimpern oder Make-up wirkt die Buxtehuderin – ganz in Schwarz gekleidet und mit Birkenstock-Sandalen beim Gespräch – gar nicht wie ein Mitglied der Glamour-Welt. «Natürlichkeit ist das Wichtigste», betont die schlanke 1,79 Meter große Rothaarige. Eine richtige Einweisung, wie sie sich professionell über den Laufsteg bewegen soll, hat sie eigentlich nie bekommen. Für eine gute Körperhaltung komme ihr zugute, dass sie lange Jahre voltigiert habe, meint sie.
Alle drei Monate hat sie einen Arzttermin – ohne den Gesundheitspass darf sie nicht bei den großen Shows laufen. Das ist die Reaktion auf die dürren Mädels, die jahrelang über die Laufstege staksten. «Der Markt hat sich geändert, die Zeiten des Heroin-Chics sind vorbei», sagt Riechmann, der auch auf die soziale Verantwortung hinweist. «Unsere Branche hat sich verändert.»
Sobald eine junge Frau zu wenige Kilos auf die Waage bringt, wird sie angesprochen und eine Zeit «vom Board genommen». Die Agentur Spin Model Management – eine von etwa 25 allein in Hamburg – zählt mit je Hundert männlichen und weiblichen Models zu den kleineren. Expandieren will sie nicht, um die Betreuung nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Mitglieder des Verbands lizenzierter Modellagenturen (Velma) stehen für die Seriosität in der Branche. Fotomodellagenturen, die junge Mädels mit Versprechen locken und Geld für die Fotoshootings verlangen, gibt es auf dem großen Markt aber einige. «Unseriöse Agenturen locken mit Versprechungen, da gibt es haarsträubende Vorfälle», erzählt der Jurist Dirk-Rainer Finkenrath vom Velma.
Isabel Monsees hat durch den Stress der Reiserei zuletzt vier Kilogramm abgenommen, obwohl sie das gar nicht wollte. Sie sei schon ernährungsbewusst aufgewachsen, zwischendurch etwas Schokolade oder ein Traubenzucker gegen die Nervosität vor einem Auftritt sind aber immer drin. In diesem Jahr hat sie viel gearbeitet, da ging es im Urlaub nach Rügen und Rhodos zur Entspannung mit ihrem Freund. Zurzeit wohnt sie noch bei ihrer Mutter in Buxtehude, ist aber auf Wohnungssuche in Hamburg. Die Bleibe muss in Flughafennähe liegen.