Die Macher der Foto-App Snapchat wollen das Geschäft mit virtueller Anprobe über die eigene Plattform hinaus ausweiten. Die Technologie, mit der Nutzer zum Beispiel Sonnenbrillen oder Schuhe im Display an ihrem Körper sehen können, wird nun auch anderen Unternehmen angeboten.
Als erster Kunde setzt sie der amerikanische Sonnenbrillen-Anbieter Goodr in seinem Online-Shop ein. Das Angebot soll mit Größenempfehlungen der 2020 übernommenen Berliner Firma Fit Analytics kombiniert werden, wie der Snapchat-Betreiber Snap nun ankündigte.
Snapchat setzt die Einbindung digitaler Objekte in echte Umgebungen – bekannt als erweiterte Realität (AR, Augmented Reality) – schon seit Jahren unter anderem für Spaß-Funktionen ein. Insbesondere in der Pandemie wurde aber auch das virtuelle Anprobieren von Mode, Accessoires oder Kosmetik populärer.
Eine Strategie-Änderung ist, dass Snap nicht mehr nur versucht, mit der Fähigkeit die Marken auf seine eigene Plattform zu locken, sondern sie breiter streut. Snap wurde zuletzt deutlich vom Abschwung des Online-Werbemarktes getroffen und rechnet im laufenden Quartal mit einem Umsatzrückgang.
Fit Analytics spezialisiert sich darauf, unter anderem auf Basis von großen Datenmengen über bestellte und zurückgeschickte Bekleidung die richtige Größe zu empfehlen. Unter den Kunden sind About You, Tommy Hilfiger, Hugo Boss und Calvin Klein mit rund 100 Millionen Nutzern im Monat. Die Idee hinter dem neuen Angebot sei, Größenempfehlungen und virtuelle Anprobe aus einer Hand zu bieten, sagte der Fit-Analytics-Gründer und heutige Snap-Manager Sebastian Schulze.
Während die virtuelle Anprobe bei Brillen und Schuhen auch dynamisch in Bewegung funktioniere, sei man bei Bekleidung noch «auf dem Weg dorthin», räumte Schulze ein. Aktuell wird noch ein 2D-Modell etwa von einem Kleid im Display starr auf den Körper projiziert, statt in Bewegung dargestellt zu werden.
«Aber ich bin zuversichtlich,dass wir das in den nächsten zwei, drei Jahren hinbekommen», sagte Schulze. «Langfristig kann man sich auch vorstellen, dass die Läden ganz anders aussehen, also dass da gar keine Umkleidekabinen mehr sind» – sondern diese von AR-Brillen oder Displays ersetzt würden.