Zeitenwende bei Etro: Mit Marco de Vincenzo hat das italienische Modehaus zum ersten Mal einen Kreativchef, der nicht zur Gründerfamilie gehört. Seine Debütkollektion präsentierte er nun anlässlich der Mailänder Fashion Week mit den Trends für die Saison Frühjahr/Sommer 2023. Und der 44 Jahre alte Sizilianer deutete gleich an, dass er gewillt sei, Etro neu zu erfinden.
Etro startete 1968 als Stoffweberei, seit 1994 gibt es auch Modekollektionen. Seither steht das Label für Hippie-Glamour mit opulenten Mustern rund um das Paisley. «Ich denke, diese Welt gibt es so nicht mehr», gab de Vincenzo im Juni dem Branchenportal «The Business of Fashion» erste Einblicke in seinen Designansatz. «Für mich war immer die Pracht der Stoffe die wahre Essenz der Marke.»
Und die spielte er bei seinem Debüt dann auch gleich voll aus. Vor allem aber suchte Marco de Vincenzo Modernität über radikale Brüche. Süße Romantik konterte er mit schwarzer Düsternis. Leichte Kleidchen trafen auf derbe Sportboots. Ohnehin lag ein besonderer Fokus auf dem Schuhwerk, vom Overknee-Stiefel bis zu Modellen mit schwindelerregendem Absatz. Muster gibt es auch weiterhin, ebenso Stickereien. Fransen werden oft kantig und grafisch interpretiert. Diverse Varianten an Shorts wechseln sich mit langen sehr weit und weich fallenden Hosen ab, freie Schultern mit blanken Bauchpartien.
Marco de Vincenzo galt seit seinem Debüt 2009 als eines der größten Talente der italienischen Mode. Seine eigenen Kollektionen wurden zwar von der Presse bejubelt, schafften aber nie den großen kommerziellen Erfolg. Nun bietet ihm mit Etro eines der wichtigsten italienischen Modehäuser die ganz große Bühne.
Noch bis einschließlich Montag läuft die Mailänder Fashion Week. Auf dem Programm stehen weitere Hochkaräter wie Versace, Dolce & Gabbana und Giorgio Armani mit ihren neuesten Damenkollektionen.